Behandlung der Hauptsymptome

Eine CLN2-spezifische Versorgung zielt darauf ab, Funktionen so lang wie möglich zu erhalten und die Lebensqualität zu verbessern

Behandlung von Krampfanfällen1,2

Bei CLN2 liegt das Ziel der Behandlung von Krampfanfällen in der Erhaltung der Funktionen durch Verringerung der Häufigkeit und Schwere von Anfällen, während Nebenwirkungen nach Möglichkeit unterbunden werden sollen. Auch wenn Anstrengungen zur Minimierung der Auswirkungen von Krampfanfällen auf das Wohlbefinden des Kindes unternommen werden, ist eine vollständige Unterbindung von Anfällen unwahrscheinlich, weshalb es vereinzelt zu Krampfanfällen kommen kann. Strategien zur Behandlung von Krampfanfällen sollten individuell festgelegt werden und variieren abhängig vom Stadium der Krankheitsprogression.

Zum Erreichen dieses Ziels empfehlen CLN2-Experten, Folgendes zu berücksichtigen:1

  • So wenig Antiepileptika (AED) wie möglich verwenden – meistens werden 2–3 AED gemeinsam zur Behandlung von Anfällen angewendet
  • Familien darüber aufklären, dass Krampfanfälle auftreten können, damit sie nicht beunruhigt sind, wenn ihr Kind einen Anfall bekommt
  • Es ist hilfreich, epileptische Anfälle von Schmerzen und anderen nicht-epileptischen Bewegungen wie Myoklonie, Dystonie, Dyskinesie, Chorea und Zittern zu unterscheiden, damit eine angemessene Behandlung gewählt werden kann
  • Eine ketogene Diät ist zu erwägen, da diese bei der Kontrolle von refraktären Krampfanfällen hilfreich sein kann
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  • Bei der CLN2-Krankheit kommen einige häufig verwendete AED zum Einsatz
    • Allerdings können einige dieser AED bei an CLN2 erkrankten Kindern problematisch sein und sollten daher mit Vorsicht eingesetzt werden, da sie zu einer Verschlimmerung von myoklonischen Anfällen, nichtepileptischen Myoklonien oder bestehenden Krankheitssymptomen führen können2
  • Bei der CLN2-Krankheit werden Krampfanfälle mit der Zeit therapierefraktär, woraufhin Spezialisten dann auf Kombinationstherapien ausweichen
  • Bei der Behandlung von CLN2-bedingten Krampfanfällen ist Folgendes zu beachten:
    • Eine regelmäßige Anpassung der Medikation ist von großer Wichtigkeit, insbesondere beim Auftreten eines neuen Symptoms oder einer akuten Veränderung. Manchmal werden arzneimittelbedingte Nebenwirkungen als Anzeichen einer Krankheitsprogression angesehen

Bei bestimmten AED ist Vorsicht geboten, wenn diese bei der CLN2-Krankheit angewendet werden. Einige Arzneimittel können bestehende Symptome verschlimmern oder führen zu anderen sekundären Reaktionen bei an CLN2 erkrankten Kindern.

Strategien bei Bewegungsstörungen

Bei der CLN2-Krankheit treten Bewegungsstörungen in Form von schweren Myoklonien (sowohl epileptischer als auch nicht epileptischer Natur) auf und werden von Dystonie und Spastik begleitet. Diese 3 Arten der Bewegungsstörung stellen die häufigsten Symptome dar und sind im Allgemeinen nur schwer zu kontrollieren. Symptome wie Chorea, Zittern und Tics wurden ebenfalls beobachtet.4

Diese Symptome von Bewegungsstörungen sind im Allgemeinen schwer zu kontrollieren und das Hauptaugenmerk sollte auf Folgendem liegen: Häufigkeit und Schweregrad verringern; Beweglichkeit, Körperhaltung und Funktionen erhalten; Schmerzen vermeiden; Lebensqualität erhalten.1

Myoklonie

  • AED können zur Behandlung von epileptischen und nicht epileptischen Myoklonien angewendet werden, indem sie die Aktivität auf einen akzeptablen Wert senken
  • Eine nicht-pharmakologische Intervention wie Physiotherapie kann bei Kindern einen positiven Einfluss auf die motorische Unruhe haben und das Schlafverhalten fördern und beeinflusst darüber hinaus Körperfunktionen wie Metabolismus, Temperaturregulation, Kommunikation und Angstgefühle
    • Druck, der in Richtung proximaler Gelenke ausgeübt wird, ist hilfreich und kann dazu führen, das Kind auf die betroffene Seite legen zu können, damit Spannungen verschwinden
    • Das Körpergewicht kann eine regulierende Wirkung haben, wie auch das Anwenden einer Gewichtsdecke

Dystonie

  • Methoden zur Unterstützung der Körperhaltung können die Funktionen des Kindes fördern, einschließlich selbstständiges Sitzen und Essen
  • Adaptive Hilfsmittel mit guten Stabilisierungseigenschaften können angewendet werden, um den Torso motorisch ruhigzustellen
  • Seitenschläfer-Kopfkissen sorgen für Entlastung und ein Therapiestuhl mit Weste kann den Nacken stützen
  • Bei verschiedenen Gelenken können eng anliegende Bandagen den Muskeltonus regulieren und die Körperwahrnehmung verbessern
  • Beim Auftreten einer dystonen Krise sind alle Ätiologien zu berücksichtigen, einschließlich Schmerzen, Obstipation und auf Antiepileptika zurückzuführende Nebenwirkungen

Spastik

  • Bewegungs- und Dehnübungen dienen dem Erhalt der Mobilität der großen Gelenke
    • Zu den manuellen Methoden gehören das langsame und ausgiebige Dehnen sowie das Ausüben von Druck auf Flächen wie denen von Händen oder Füßen
    • Zu starke Gewichtsverlagerungen auf das blockierte Gelenk sollten vermieden werden, da dies die Spastik verstärkt
  • Die Verträglichkeit von Hilfsmitteln sollte untersucht werden, um die Passgenauigkeit von Orthesen zu verbessern und sekundäre Hautkomplikationen zu vermeiden

Strategien zu Schmerzbehandlung1

Experten weisen darauf hin, dass es wichtig ist, Schmerzen von anderen Symptomen (wie etwa Langeweile, Angst, Furcht oder Depressionen) zu unterscheiden, damit sie angemessen behandelt werden können.

  • Die häufigsten Ursachen, die zu Schmerzen führen, sind Kontraktionen/Dystonie, Spastik/Körperhaltungsprobleme, dystone Krisen, Obstipation und Nebenwirkungen von AED
  • Andere Ursachen sind Reflux, Harnverhaltung, Hautzerfall/Ulzerationen, Myoklonie und periphere Neuropathie

Da Kinder sich in späteren Krankheitsstadien nicht mehr verbal äußern können, sind die Eltern meistens diejenigen, die Hinweise ihrer Kinder hinsichtlich der Schmerzbeurteilung am besten deuten können.

  • Während Experten darin übereinstimmen, dass viele verschiedene klinische Hilfsmittel zur Messung von Schmerzen existieren, ist keines von ihnen speziell für die CLN2-Krankheit ausgelegt, weshalb das Fachpersonal bei der Schmerzbeurteilung immer die Meinung der Familien einholen sollte

Experten empfehlen ebenfalls, andere pharmakologische und nicht-pharmakologische Therapien anzuwenden, einschließlich Wärme, Verwendung von Positionierungshilfen und Physiotherapie.

Ernährungs- und Gastrointestinaltrakt-bezogene Behandlungsstrategien1

Füttern, Dysphagie und respiratorische/gastrointestinale (GI) Komplikationen

Im Rahmen des CLN2-Ernährungsmanagements ist es unerlässlich, eine ausgewogene Ernährung einzuhalten, dabei aber gleichzeitig Schluckbeschwerden zu behandeln, Aspiration und Obstipation zu verhindern sowie Reflux zu kontrollieren1

Beurteilung des Gewichts und des Ernährungszustand mindestens alle 6 Monate oder häufiger, um den Wachstumsverlauf zu überwachen

  • Zum Erhalt der Gesundheit des Kindes kann eine Vitamin- und Mineralstoff-Supplementierung erforderlich sein

Regelmäßige Beurteilung des Fütterungs- und Schluckverhaltens, sofern das Kind noch oral Nahrung zu sich nehmen kann

  • Um eine Aspiration während des Fütterns zu vermeiden, sollten die Eltern hinsichtlich der Nahrungskonsistenz, der Körperhaltung, der Überwachung überschüssigen Speichels und der fortschreitenden Dysphagie beraten werden.
  • Pharmakologische und nicht-pharmakologische Therapien können dabei helfen, die Speichelsekretion zu kontrollieren. Zu den empfohlenen Therapien gehören Absaugen, orale Pflege, Maishaartee sowie Sprach-, Ess- oder Physiotherapien
  • Aspirationspneumonie, kardiorespiratorisches Versagen und Sepsis sind die häufigsten Todesursachen bei an CLN2 erkrankten Kindern, weshalb eine intensive Behandlung und Vorbeugung einer Aspiration empfohlen wird
  • Experten empfehlen ebenfalls Sprach- und Esstherapien sowie Physiotherapien zur Verbesserung der Körperhaltung, da diese einen positiven Einfluss haben können

Der Einsatz alternativer Ernährungsmethoden (Magensonde) und der Zeitpunkt, dies vorzuschlagen, hängt ab von der Meinung der Familie und den Bedürfnissen des Kindes

  • Der Einsatz von Magensonden wird meistens dann in Erwägung gezogen, wenn es zu Gewichtsverlust kommt, das Infektionsrisiko hoch ist oder die orale Verabreichung von Arzneimitteln schwierig wird
  • Der Zeitpunkt, eine Magensonde zu verwenden (transnasal oder mittels Gastrostomie), muss mit Bedacht gewählt werden
    • Ein Gespräch darüber muss behutsam begonnen werden, da die Bezugspersonen empfindlich auf diese Maßnahme reagieren können, weil sie auf ein fortgeschrittenes Krankheitsstadium hindeuten kann
    • Familien können sich mit dem Arzt und Ernährungsberater ihres Kindes besprechen, um wichtige Entscheidungen zur Anwendung einer Magensonde zu treffen. Dazu gehört beispielsweise die Frage, ob die Fütterung mit zuhause zubereiteter Nahrung fortgesetzt werden soll und ob die orale Fütterung noch immer sicher ist
    • Das frühe Legen einer Magensonde kann Ermüdungserscheinungen beim Kind aufgrund einer verlängerten Fütterungsdauer verhindern

Leitlinien bereitstellen zur Behandlung von GI-Symptomen wie Obstipation und gastroösophagealem Reflux

  • Obstipation ist ein häufig auftretendes GI-Symptom, das zu einer dystonen Krise führen kann, und verschiedene Behandlungsstrategien sind hier anwendbar, wie etwa die Überwachung der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, Laxativa und Zäpfchen
  • Gastroösophagealem Reflux kann mit Hilfe von Strategien wie der Verdickung von Flüssigkeiten oder Antazida begegnet werden

Literaturangaben: 1. Williams RE, Adams HR, Blohm M, et al. Expert opinion on the management of CLN2 disease. Poster session presented at: The 12th Annual WORLD Symposium; February – March 2016; San Diego, CA. 2. Johannsen J, Nickel M, Schulz A, Denecke J. Considering valproate as a risk factor for rapid exacerbation of complex movement disorder in progressed stages of late-infantile CLN2 disease. [Epub ahead of print April 4, 2016]. Neuropediatrics. 2016 Jun;47:194-196. doi: 10.1055/s-0036-1579784. 3. Chang M, Cooper JD, Davidson BL, et al. CLN2. In: Mole S, Williams R, and Goebel HH, eds. The neuronal ceroid lipofuscinoses (Batten Disease). 2nd ed. Oxford, United Kingdom: Oxford University Press; 2011:80-­109. 4. Mole SE, Williams RE. Neuronal ceroid-‐lipofuscinoses. 2001 Oct 10 [Updated 2013 Aug 1]. In: Pagon RA, Adam MP, Ardinger HH, et al., editors. GeneReviews®.